Titus Schüller (Die Linke)


Wie stehen Sie zum Thema Radverkehr in Nürnberg?
Ich bin selbst fast ausschließlich mit dem Rad in der Stadt unterwegs und fahre jährlich um die 5.000 Km in Nürnberg. Das Radfahren sehe als gesunde, preiswerte und ökologische Möglichkeit in der Stadt von A nach B zu kommen. Das Rad ist mein Hauptverkehrsmittel im Alltag.

Aus eigener Erfahrung weiß ich daher, dass die Stadt Nürnberg beim Thema Radverkehr noch viel aufzuholen hat. Denn obwohl sich für die meisten Strecken, die in der Stadt zurückgelegt werden, das Rad als Verkehrsmittel anbieten würde, trauen sich viele den Umstieg vom Auto aufs Rad nicht zu. Dies liegt daran, dass für Radfahrerinnen und Radfahrer durchaus ein Gefahrenpotential besteht, und dass Radfahren durch fehlende Radinfrastruktur und den überbordenden Autoverkehr eher Stress verursacht, statt Spaß zu machen.

Wir als LINKE möchten, dass Nürnberg eine echte Fahrradstadt wird, denn kein Verkehrsmittel ist im Stadtverkehr so umweltfreundlich, schnell, praktisch und günstig. Daher hat der Radverkehr neben der Förderung des ÖPNV und des Fußgänger*innenverkehrs für uns Priorität, um unser Konzept einer sozial-ökologischen Verkehrswende umzusetzen.

Genau deswegen befürworten wir auch den Radentscheid und unterstützen das Vorhaben als Partei vom ersten Moment an.

Welche Ziele haben Sie beim Thema Radverkehr?
Unsere Ziele haben wir in unserem Parteiprogramm zur Kommunalwahl festgehalten:

Die nachhaltigste Fortbewegung ist die mit dem Fahrrad und zu Fuß. Sie ist auch die günstigste für die Bürger*innen und die Stadt. Die Kosten für Ausbau und Instandhaltung stehen in keinem Vergleich zu denen des PKW-Verkehrs. Insbesondere dem Radverkehr in Nürnberg muss größere Bedeutung auf dem Weg der CO2-neutralen Fortbewegung in Nürnberg beigemessen werden.

Sichere Routen, ein lückenloses Radwegenetz und die aktive Unterstützung der Gesellschaft für die, die den Umstieg vom Auto auf das Fahrrad vollziehen, sind deshalb notwendig. Untersuchungen zeigen, dass die aufgewendete Zeit für Mobilität innerhalb der Städte für Fußgänger*innen, Radfahrer*innen und PKW-Fahrer*innen gleich ist. Unterschiede liegen nur in den Entfernungen, die die verschiedenen Verkehrsteilnehmer im Alltag zurücklegen. Die Stadt der kurzen Wege muss daher fester Bestandteil der Nürnberger Stadtplanung werden.

In Nürnberg sind nach wie vor die Lücken im Radwegenetz ein großes Problem für die Sicherheit der Radfahrer*innen. Auch sind zugeparkte Radwege und Kreuzungen keine Randerscheinungen, sondern Alltag. Hier hat die Stadt Nachholbedarf in der Verkehrsüberwachung. Nach wie vor sind bauliche Trennungen der Radwege die Ausnahme in Nürnberg. Diese müssen die Regel werden. Dem Rad- und Fußverkehr ist im erweiterten Innenstadtbereich und in Wohngebieten Vorrang gegenüber dem Autoverkehr zu gewähren.

DIE LINKE fordert:

  • Kurzfristige Lückenschließung im bestehenden Radwegenetz und mittelfristig deutlicher Ausbau, sodass bis zum Ende der Wahlperiode alle Einwohner*innen unmittelbaren Zugang zum Radwegenetz haben
  • Konsequente Umwidmung von Straßen in Radvorrangstraßen, insbesondere bei Hauptstraßen
  • Mehr Sicherheit durch bauliche Trennungen und farbliche Markierungen der Radwege in Nürnberg („protected bike lines“)
  • Überdachte Abstellplätze für Fahrräder in der Nähe großer Haltestellen des ÖPNV, sowie bei allen kulturellen und öffentlichen Einrichtungen, sowie Aufstockung des Parkraums für Fahrräder im gesamten Stadtgebiet um 1.000 Plätze jährlich
  • Schaffung sicherer Nebenstraßen für Radfahrer*innen mit einem jährlichen Ausbau um 15 km
  • Bei Baustellen und Schnee bevorzugte Räumung für Radwege
  • Schaffung von verkehrsberuhigten Zonen um Schulen herum sowie übersichtliche Gestaltung der Kreuzungen besonders für junge Radfahrer*innen
  • Vernetzung von Radverkehr und ÖPNV: Möglichkeit der Fahrradmitnahme im ÖPNV ohne zeitliche Beschränkung
  • Ausbau von Radschnellwegen für Pendler*innen ins und aus dem Umland
  • Konsequente Verfolgung von Verkehrsdelikten, die Fußgänger*innen und Radfahrer*innen gefährden
  • Abstimmung der Ampelschaltungen mit Bevorzugung der Fußgänger*innen und Radfahrer*innen in frequentierten Bereichen
  • Straßenrückbau zugunsten von Spielstraßen, Rad- und Fußwegen
  • Zweckgebundene Förderung zur Anschaffung von Lastenrädern, Fahrrädern und Fahrradanhängern für Nürnberger Vereine, Zweckgemeinschaften (z.B. Hausgemeinschaften) und gemeinnützige Organisationen
  • Das Konzept der Stadt der kurzen Wege als fester Bestandteil der Stadtplanung und als zwingendes Kriterium für Vergaben und Baugenehmigungen
  • Ausbau des Fahrradleihsystems der VAG: mehr Leihräder in allen Stadtteilen, Ausweitung der Flexzone innerhalb des Rings, Einführung der Leihmöglichkeit von Lastenfahrrädern

Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, wenn Sie Oberbürgermeister/in sind?

Um unsere Ziele zu erreichen, haben wir ein ausführliches Programm ausgearbeitet, das konkrete Forderungen (siehe vorherige Frage) beinhaltet. Wir unterstützen den Radentscheid aktiv, indem wir unsere Mitglieder und Freund*innen mobilisieren Unterschriften zu sammeln. Im Stadtrat und als potentieller Oberbürgermeister stellen wir Anträge und informieren zu unseren Vorschlägen, um diese Schritt für Schritt umsetzen zu können. Für uns ist klar, dass wir nur zusammen mit außerparlamentarischen Initiativen und durch das Engagement vieler Mitstreiter*innen in Nürnberg den Weg hin zu einer Fahrradstadt und zu einer sozial-ökologischen Verkehrswende gehen können.